Quelle : Bernhard Böhm
Volkslieder, Bräuche und Sitten
Der größte Teil unseres Liedgutes und der Bräuche war aus den Herkunftsgebieten mitgebracht und so sangen die Burschen und Mädchen ihre Liebes- und alten Volkslieder, wenn sie sonntags auf der Dorfstraße schlenderten oder sie klangen durch die galizianischen Sommernächte.Mit den alten Hochzeitsliedern aus dem Egerland wurde dem Hochzeitspaar der Ernst des Ehestandes angesungen.Der Braut wurde der Schleier abgebunden und ein Kopftuch überreicht.
Bei den Richteschmäusen, wenn die Alkoholprozente schon ziemlich hoch waren, wurden nur Volkslieder aus der alten Heimat gesungen. Auch die Tänze waren ein Stück des alten Volksgutes. Sie reichten noch weit zurück in die Zeit der Einwanderung. Damals waren sie modern, Walzer (Schleider genannt), Polka und Ländler bildeten die Grundformen.
Wenn die alten Kapellen wie Langenbergers (Wascherkrämer-Toni) von Drösseldorf oder noch viele andere bekannte Kapellen spielten, gab es keine Zeit zum Warten, sondern nur zum Mitmachen. Erst später, nach dem 1. Weltkrieg, kamen mehr spielartige Tänze hinzu. In jener Zeit erlebten wir auf unseren Tanzböden den Beginn des modernen Tanzes, während andererseits in unseren Jugendgruppen die Tänze der Jugendbewegung Anklang fanden, eingeübt zum Teil durch Wanderlehrer. In dieser Zeit setzte dann auch das Vorzeigen des älteren Tanzgutes ein. Als unsere Vorfahren nach Galizien einwanderten, brachten sie eine Art von Volksschauspielen mit. Die Festigung der mitgebrachten Spiele in den neuen Siedlungsgebieten brauchte seine Zeit.
Ehe man an die Spiele denken konnte, war man zeitlich durch Hausbau, Errichten einer Dorfanlage, wirtschaftliche Erfordernisse und Nöte so in Anspruch genommen, daß alle anderen Dinge zurückstehen mußten. Bloß von den Kindern in der Schule wurde ein Teil des Spielgutes erhalten. Außerdem mußten sich die Siedler mit ihren unterschiedlichen Charakteren aus den verschiedenen Gegenden wie Plan, Dachau und Pfraumberg anpassen.
Mundarten, mitgebrachte Sitten und Bräuche und andere Dinge, die zum Volksgut gehörten, wurden entweder in die neue Gemeinschaft übernommen oder von ihr abgelehnt. Vieles wurde von einzelnen Familien gepflegt und geriet dadurch aus dem Blickfeld der Gemeinschaft. Hier setzte sich das Volksgut der lebenskräftigen Gruppen durch. Es waren meistens die Egerländer, die ihre Bräuche bewahrten. Während die Bräuche der übrigen Stämme in Vergessenheit gerieten. Nach dem Seßhaftwerden der Menschen blühten die Spiele aus der alten Heimat wieder auf und wurden zum Teil von den Slawen übernommen.
Sie wurden an den Festtagen Weihnachten, Ostern, Pfingsten usw. gepflegt. Es gab wohl kein egerländisches Dorf bei uns, in dem am Heiligen Abend nicht das Christkind, begleitet von Zemper, umgegangen wäre und dabei die guten Kinder beschenkt und die bösen mit der Rute bestraft hat. Der Zemper war meistens ein rauher, in Stroh oder Pelz gekleideter Gesell, der in den Häusern mancherlei Schabernack angestellt hat. Schlimm war es, wenn sich der Zemper mit Kettengerassel oder Peitschengeknall unter dem Fenster bemerkbar machte. In einigen Dörfern, z. B. in Nowe Siolo, hatte das Christkind ein großes Gefolge.

Da gingen mit ihm noch andere Gestalten wie Engel, Teufel, Juden, Gendarmen u.a. Begleiter mit, und es war ein recht bunter Zug. Ganz still aber wurde es, wenn nach der Bescherung und Bestrafung die schönen Weihnachtslieder erklangen. In Machliniece wurden meistens in der Weihnachtszeit Hirtenspiele von den Mazuren aus Krochowska aufgeführt.
Das war immer ein großes Gefolge, Tiergestalten, 3 Könige, 3 Hirten, Maria, Josef, Herodes usw. Auch an Sagen, Märchen, Schwänken u. a. Erzählgut fehlte es nicht. Sie wurden meistens von alten Leuten während der Weihnachtsfeiertage erzählt.
Die Sagen erzählte man gruselig, damit sich die Kinder in der Dunkelheit nicht aus dem Haus wagten. Viele Egerländer Familien hielten an der Tradition fest, am Heiligen Abend 12 verschiedene fleischlose Speisen auf den Tisch zu bringen. Die Abendmahlzeit am Heiligen Abend mußte 6 Stunden von 18 - 24 Uhr dauern, anschließend wurde die Hirtenmesse (Möde) besucht. Wenn die Hauptmahlzeit am Heiligen Abend vorbei war, so gedachte man des lieben Viehs im Stalle. (Aberglaube) Dieses rede - wie man glaubte - in der Christnacht mit Menschenzungen, es erzählt sich die Geschichte vom Stall zu Bethlehem. Als Futter gab es gute Kleie mit Kochsalz vermischt.
Des weiteren wurde jeder Obstbaum im Garten gefüttert, es gab ein paar Krümelchen von den Speiseresten. Damit sollte eine reiche Obsternte gesichert werden. Auch der Brunnen wurde ringsum bestreut, damit sich das Wasser nicht vergiften sollte. Der Aberglaube sah vor, daß in den Familien in der Zeit vom Heiligen Abend bis zum Dreikönigstag am 6.1. des folgenden Jahres keine Wäsche gewaschen werden durfte. Auch am Heiligen Abend durfte keine Wäsche zum Trocknen auf der Leine hängen. Dieser Aberglaube verlor sich mit der Zeit. Bei einigen Familien sind jedoch einige Bräuche in Erinnerung geblieben und werden als Tradition gepflegt.
Neujahrstag
Zum Neujahrstag wurde schon am frühen Morgen Glück zum Neuen Jahr gewünscht. Das war üblich bei Kindern, Eltern, Taufpaten, der nahen Verwandtschaft und den Nachbarn. Als Kind ging man gern dort hin wo man einige Pfennige bekam. Die Ruthener - griechisch-katholisch - feierten ihren Neujahrstag 13 Tage später als die römisch-katholischen Siedler. Untereinander ging man von Dorf zu Dorf und wünschte Glück zum Neuen Jahr. Das geschah in der eigenen Mundart, dabei trug man einen kleinen Beutel mit Getreide bei sich, das dann in der guten Stube symbolisch ausgesät wurde, in der Hoffnung, dadurch eine gute Getreideernte im kommenden Jahr zu erzielen.

In der Faschingszeit ging es besonders lustig zu. Begonnen wurde schon am Samstagabend von den älteren Burschen und jungen Mädchen. Am Sonntagnachmittag gegen 15.00 Uhr tanzten und sangen die Mädel und Burschen bei allerlei Belustigungen. Am Montag gegen 13.00 Uhr fingen die Schulkinder unter Aufsicht einiger Erwachsener mit Tanz und Gesang an.
Die Schulkinder wurden im Verlauf der Unterhaltung mit Leckerbissen und Getränken von den anwesenden Lehrern und dem Schulrat bewirtet. Der Dienstag war ein besonderer Tag. An ihm wurde eine Platzmaid und ein Platzknecht gedingt. Als Platzmaid wählte man eine finanzkräftige Maid, der Platzknecht mußte ihr entsprechen.
Als Platzmaid bzw. Platzknecht gewählt zu werden, war sehr ehrenvoll und wurden von der Kapelle mit einem Marschlied begrüßt. Beim ersten Tanz mußten beide die Saalmitte betreten und mit dem Tanz beginnen. Auch das zweite und dritte Tanzpaar wurde bestimmt und folgte ihnen. Nach Eintanzen der drei Paare folgten alle anderen Teilnehmer, aber nur Burschen und Mädels. Der Dienstag war für alle ein Ehrentag. Von den Mädels wurden die besten Kleider und Schuhe und von den Burschen die besten Anzüge und Schuhe getragen. Die Belustigung begann um 13.00 Uhr und endete um 24.00 Uhr.
Der Ausgang der lustigen Faschingszeit und der Beginn der strengen Fastenzeit wurde in der Machlinecer Sprachinsel durch das Läuten mit einer Glocke angekündigt. Am Aschermittwoch wurde gegen 8.00 Uhr ein Gottesdienst in der Kirche abgehalten, wobei im Namen des Heiligen Kreuzes jeder Teilnehmer vom Pfarrer mit einem Kreuz aus Asche auf der Stirn gezeichnet wurde. Außerdem wurde der Gottesdienst von den Burschen und jüngeren Männern beim Heimweg zum Anlaß genommen, noch einmal im Wirtshaus einzukehren und die letzten Überbleibsel an Getränken zu verzehren. Dieser Aufenthalt im Wirtshaus zog sich oftmals bis in die späten Nachmittagsstunden hin.
Nun weiter zum Ablauf des Dienstagnachmittags
Im Laufe des Nachmittages wurde von dem Platzknecht ein Flachstanz angeordnet. Zum Flachstanz werden von den Burschen nur verheiratete Frauen unter den anwesenden Gästen aufgefordert. Die Frauen kommen alle der Bitte der Burschen nach.
Natürlich ist ein Flachstanz für die Frauen nicht billig, sie fühlen sich zu Runden an Getränken verpflichtet.
Der Flachstanz
In unserer Gegend wurde im allgemeinen Flachs angebaut. Damit der Flachs gut gedeiht, werden die Runden spendiert. Der Anbau von Flachs macht viel Arbeit. Er mußte von Unkraut freigehalten werden. Der reife Flachs konnte weder mit der Sense noch mit der Sichel geerntet werden, er wurde mit den Händen gezogen. Das wurde oftmals zur Qual, besonders bei Trockenheit.
Nach dem Trocknen wurde er auf den Hof gebracht und durch Rüffeln der Samen entnommen. Anschließend kam er wieder auf den freien Acker, um mehrmals regennaß und luftgetrocknet zu werden. Nach wochenlanger Ablagerung kam er zur weiteren Bearbeitung. Es standen draußen am Acker in der Nähe des Wirtschaftshofes Trockenöfen zur Verfügung. Die Öfen waren 6 bis 8 m² groß. Sie wurden ungefähr 60 bis 80 cm tief in die Erde eingeschachtet. Die Wände über der Erdoberfläche war 80 bis 100 cm hoch, diese wurden mit der ausgeschachteten Erde hochgemauert. Zur Abdeckung wurden Holzstangen verwendet.
Nun konnte mit der Flachstrocknung begonnen werden. Das wurde unter Vorsicht im Ofen gemacht. Er wurde auf Holzstangen ausgebreitet und solange in der Hitze des Feuers getrocknet, bis er bearbeitungsfähig war. Die Bearbeitung erfolgte meistens in gegenseitiger Unterstützung. Es treffen sich meistens 20 Frauen mit ihren Brechschlegeln, und der Flachs wurde aus seiner Hülse herausgebrochen. Nach kurzer Zeit wurde er nochmals im Ofen leicht angetrocknet und durch Rütteln gesäubert. Erst danach konnte der Flachs versponnen werden.
Das war die Winterarbeit für Frauen und Mädchen. Den gesponnenen Zwirn bekam der Weber, der aus ihm eine einwandfreie Leinwand herstellte. Nach dem Wirken wurde die Leinwand nochmals einem Arbeitsgang unterzogen. Das Bleichen: Sie wurde bei schönem Wetter auf den Wiesen in der Nähe eines Baches aufgespannt und mit Wasser aus einer Gießkanne begossen. Das wurde bei schönem Sonnenschein täglich 8- bis 10mal wiederholt. Nach 14-tägiger Behandlung war die Leinwand bearbeitungsreif. Daraus wurden Bettücher, Tischdecken, Handtücher, Getreidesäcke, Arbeitsschürzen, Arbeitshosen, Arbeitshemden - in der heutigen Zeit Jeanshosen und noch vieles andere - hergestellt. Ich wollte in meiner Aufzeichnung nur klar machen, welche Bedeutung der Flachstanz hatte.
Nun weiter zu den Sitten und Bräuchen
Nach der Faschingszeit folgte die Fastenzeit. Die Fastenzeit dauerte 7 Wochen bis zu den Osterfeiertagen. Hier wurden sehr harte Sitten und Bräuche aus der alten Heimat zugrundegelegt. Mittwochs und Freitags gab es keine Fleischspeisen. Viele Raucher hatten es sich zur Pflicht gemacht, von Aschermittwoch bis Ostersamstag keine Zigaretten zu rauchen. Jegliche Kinobesuche und Tanzvergnügen mußten vermieden werden. Es durfte in der Zeit auch nicht geheiratet werden.
Besonders streng war das Fasten und Schweigen in der Karwoche. Von Donnerstag, 09.00 Uhr, bis Sonnabend, 09.00 Uhr, durfte keine Glocke läuten. In dieser Zeit war durchgehender Kirchgang. Die genaue Uhrzeit war damals schwer zu bestimmen, es gab kein Fernsehen und kein Radio. Um Pünktlichkeit zu sichern, wurden 8 bis 10 Schuljungen (Ratzschnerbuben) bestimmt, sie zogen mit ihrem Klapperkasten durchs Dorf und kündeten die Uhrzeiten zum Kirchgang an. Ab Sonnabend um 09.00 Uhr wurden die Kirchzeiten wieder durch Glocken angekündigt.
Die Festlichkeit und Bedeutung der Osterfeiertage ging auf die Auferstehung von Jesus Christus zurück. Die Messe mit der Auferstehungsprozession wurde meistens am Ostersamstag bei Einbruch der Dunkelheit oder am Ostersonntag vor Sonnenaufgang abgehalten. Der Prozessionsrundgang erfolgte 3mal um die Kirche, dabei läuteten alle Glocken, es ertönten Böller und die bekannten Lieder "Der Heiland ist auferstanden" und "Großer Gott wir loben dich".
Nach polnischer Sitte wurden vor der Auferstehung verschiedene Backwaren vom Pfarrer geweiht. Obwohl das Osterfest meistens während der Frühjahrsbestellung war, beteiligten sich alle an den Vorbereitungen und Traditionen. Am Ostersonntag pflegten die Burschen die Mädchen mit Wasser zu bespritzen. Zuweilen wurden diese sogar oftmals regelrecht übergossen. Eine alte Sage dazu: "Die siebenwöchige Fastenzeit muß abgewaschen werden". Nach und nach nahm dieser Brauch etwas feinere Formen an. Statt gewöhnlichem Wasser mischten die Burschen etwas Kölnisch Wasser oder andere Richwässer dazwischen. Vor allem wurden zu den Feiertagen die Häuser alle schneeweiß getüncht. Der erste Sonntag nach Ostern war der weiße Sonntag. An diesem Tag durfte nach der langen Fastenzeit das erste Mal getanzt werden. Der Tanz begann nach der Vesperandacht ab 15.00 Uhr und ging bis in die frühen Morgenstunden. In der Nacht zum Weißen Sonntag wurden die Fenster der Mädels mit Kalk geweißt. Das Abwaschen der Fenster wurde oftmals zum Verhängnis, denn es sollte vor Tagesanbruch geschehen sein, damit es keiner merkte, wo geweißt war. Am Sonntag nach Ostern wurde der Spieß umgedreht, da spritzten die Mädels die Burschen naß, was oftmals aus Rache geschah, oder man beteuerte ein Liebesverhältnis.
Ab 1. Mai begann die Maiandacht. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde in der Kirche eine kurze Andacht mit Gesang und Gebet abgehalten. Die Tracht der Mädchen bei dieser Andacht war einheitlich, weiß-gemusterte Schürzen und ein weißes Kopftuch. Das Weiß leuchtete in der Dunkelheit - die Tracht ist unvergeßlich.
Die Pfingstfeiertage

Die Pfingstfeiertage fielen in die schönste Zeit des Jahres, die Wiesen waren ein Blumenmeer, man konnte sich die vielfältigsten Arten aussuchen. Die Wälder ringsum die egerländische Sprachinsel waren ein Abbild der wunderschönen Natur. Quellen und Bäche, in denen den ganzen Sommer über gebadet wurde, gehörten dazu, genauso wie die gepflegten Gärten, Felder und Anwesen.
Da es auf unserem Territorium keine gemeinschaftliche Hutweide gab, mußte jeder Tierhalter sein Vieh selbst weiden. Die Weidezeiten gingen täglich von 6 bis 10 und von 16 bis 20 Uhr im Hochsommer, zur späteren Jahreszeit wurden sie abends verkürzt.
Pfingstsonnabend wurden für die beiden Pfingsttage Pfannkuchen (Küchl genannt) gebacken. Je größer die Familie war, um so mehr wurde gebacken, jedoch durften sie erst am Sonntagmorgen verspeist werden. Darum erfolgte am Pfingstsonntag der Weideauftrieb früher. Bei manchem schon auf 2 Uhr; denn es ging ums Küchle essen. Je später einer mit seinem Viehzeug durch die Straßen zog, um so mehr wurde er durch Gesang gehänselt und ausgelacht. Und zwar mit dem Lied: "Pfingstschwanz hast die kalten Küchl gefressen, hast dein Vieh im Stall vergessen". Da es einige Spätaufsteher gab, dauerte der Gesang draußen auf den Fluren 2 - 3 Stunden. Den Gesang konnte man manchmal mit einem Kirchenchor vergleichen. In Vorbereitung auf die Pfingstfeiertage wurde der gesamte Hofraum sowie Vorgarten aufs feinste gekehrt und aufgeputzt. Aus Schabernack zogen die älteren Burschen in der Nacht zum Sonntag los und streuten Häckselspreu über den ganzen Hof, hauptsächlich dort, wo hübsche Mädels in der Familie waren. Zum anderen wurden, wenn möglich, ein Maibaum am Dach des Hauses befestigt oder der Schornstein mit Glas abgedeckt, aber auch Ackergeräte auf dem Scheunendach befestigt. So mußten die hübschen Mädels frühmorgens mit Besen und Schaufel gerüstet den Hof von dem Strohhäcksel säubern, andere kletterten auf dem Dach herum und holten Glas und Ackergeräte herunter. Diese Schabernackbräuche stammten alle aus dem schönen Egerland.
Außerdem war der Pfingstsonntag der erste Wallfahrtstag des Jahres. Die Wallfahrt wurde zur Wallfahrtskirche nach Kochawina gemacht. Die Strecke von Machliniece nach Kochawina betrug 11 km, und das zu Fuß. Die Siedler von Nowe Siolo, Kornelowka und Drösseldorf hatten es etwas näher, Kontrowers und Izydorowka lag noch weiter entfernt. Dem Pfingstsonntag folgte der gesetzliche Feiertag Peter und Paul am 29. Juni. Mit diesem Feiertag war der Aberglaube verbunden, wenn es an dem Tag gewitterte oder Hochwasser gab, so war das eine Strafe Gottes, um den Glauben der Menschen zu festigen. Das wurde von der Kanzel gepredigt.
Der nächste Wallfahrtstag war der 16. Juli (Stabeliler), kein gesetzlicher Feiertag. Das war meistens der Beginn der Ernte. Trotz der vielen und harten Arbeit wurde von vielen Menschen an der Wallfahrt teilgenommen. Stabeliler war die Kirchenpatronin der polnischen Wallfahrtskirche von Kochawina. Diese Wallfahrtskirche übte damals eine starke Anziehung auf die christliche Bevölkerung aus, so daß Bürger von weit her tagelang pilgerte, alle Erntearbeiten im Stich ließen, um an den Andachten teilnehmen zu können. Es wurde Buße getan in Form von Gebeten und Geldspenden.
Der nächste Wallfahrtstag war der 15. August "Maria Himmelfahrt" (ein gesetzlicher Feiertag). Zu dieser Zeit war die Getreideernte fast abgeschlossen, also stand der Wallfahrt nichts im Wege. Bis Ende der 20er Jahre war der Wallfahrtstag "Maria Geburt" (8. September) ein gesetzlicher Feiertag, wurde danach aber als gesetzlicher Feiertag gestrichen.
Der letzte Wallfahrtstag des Jahres war der 29. September (Michaeli). Michael war der Landespatron von Galizien, nach dem Zusammenschluß Galiziens mit Polen verlor dieser Tag seine gesetzliche Gültigkeit als Feiertag. Wenn der Spätherbst seinen leuchtenden Farbenzauber über den Laubkronen der Obstbäume und Wälder breitete, wurde in der Machliniecer Sprachinsel Kirchweih gefeiert. Das war immer am 3. Sonntag im Oktober. Zu diesem Zeitpunkt war die Ernte abgeschlossen und alles unter Dach und Fach. Darum dauerte das Fest 2 Tage und wurde gründlich vorbereitet. Dazu wurde geputzt, gebacken und geschlachtet (Gänse oder kleine Schweine).
Es war ein Fest der Familie, Verwandten und Bekannten. Kirchweih stand im Zeichen des Gedenkens. Ertönte an diesem Tag das zweite Läuten, dann kamen die Kirchgänger mit ihren Gästen aus den Gehöften, alle gut gekleidet, die Männer, Frauen, Burschen und Mädchen in lichteren und bunten Farben. Verwandte und Freunde von weit und breit hatten sich eingestellt, so war Kirchweih ein Fest der Volksgemeinschaft, sie trug dazu bei, daß die alten Bande sich nicht lösten. Darüber hinaus gab es jungen Menschen aus verschiedenen Siedlungen Gelegenheit, sich kennenzulernen, was nicht selten zu Eheschließungen führte. Dadurch gelangte wieder frisches Blut in die einzelnen Dorfgemeinschaften. Tiefer Ernst lag auf den Gesichtern, wenn der Pfarrer der Urväterheimat und des Aufbauwerkes der Väter in der neuen Heimat gedachte. Am Nachmittag des Sonntags begann der Tanz mit vielen Belustigungen. Die Musikanten leiteten den Tanz stets mit einem Marsch ein und bis in die frühen Morgenstunden wurde gefeiert. Am Montag ging es mit Belustigung und Tanz ab 13.30 Uhr bis in die Morgenstunden des Dienstags weiter. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß der Monat Oktober der Monat des Rosenkranzes war. Es wurde daher an Arbeitstagen bei Einbruch der Dunkelheit eine Rosenkranzandacht in der Kirche abgehalten. Die Besucher waren meistens nur Frauen Mädchen und Kinder. Die männlichen Personen hatten durch den zeitigen Einbruch der Dunkelheit keine Zeit für die Kirche sondern mußten in der Wirtschaft das Vieh versorgen.
Am 1. November wurde Allerheiligen und am 2. November Allerseelen gefeiert. Allerheiligen war ein gesetzlicher Feiertag, aber Allerseelen nicht. Zu Allerheiligen wurden die Gräber des Friedhofs mit Kränzen geschmückt. Auf dem Machliniecer Friedhof waren ebenfalls gefallene Soldaten des 1. Weltkrieges, es waren Österreicher und Russen zur letzten Ruhe gebettet. Auch diese Gräber wurden alljährlich zum Tag Allerheiligen von Machliniecer Mädel mit Kränzen geschmückt. Am Vormittag fand ein großer Gottesdienst in der Kirche zu Ehren der Toten statt, nachmittags zog eine Prozession mit einer großen Menschenmenge auf den Friedhof, um die Gräber zu segnen und die Toten zu ehren. Bei schlechter Witterung wurde die Ehrung in der Kirche durchgeführt. Ende November begann die Adventszeit, in der jegliche Veranstaltung und Tanzvergnügen untersagt waren, ja selbst Hochzeiten durften nicht stattfinden. Durch den zeitigen Einbruch der Dunkelheit wurden die langen Winterabende vor der Weihnachtszeit zur Qual.
Da es kein Fernsehen und kein Radio gab, versammelte sich die Familie um den Ofen. Dabei kam das alte Buch mit seinen Gräulmärchen und Spukgeschichten zu seinem Recht. An den langen Abenden wurde sehr viel gesungen und man erzählte sogar - wenn ein starker Wind um die Dachziegeln brauste - es fahren die Hexen auf den Besenstielen aus den Schornsteinen und vollführen ihre Tänze.

Oder wenn der Ruf der Eulen durch die Nacht erklang, dann hieß es, es klingt das Silberglöcklein des Christkindleins, das von Fenster zu Fenster schwebt und das Treiben der Kinder beobachtet. Eine andere Geschichte lautete, daß wenn bei Sonnenaufgang das Firmament in Flammen purpurrot stand, hieß es, das Christkind backt Lebkuchen für die braven Kinder. All diese Spukgeschichten wurde als Erbe aus dem Egerlande übernommen und haben sich in der neuen Heimat erhalten. Erst nach Jahrzehnten, mit Fortschreiten der Bildung, gerieten diese Spukgeschichten in Vergessenheit.
Der November war ebenfalls der Monat, in dem die Spinnstuben eingerichtet wurden. Sie wurden den ganzen Winter hindurch bis zur Faschingszeit benutzt. Dazu gab es in der Machliniecer Gegend zwei verschiedene Einrichtungen. Entweder wurde eine gegen Bezahlung für den ganzen Winter hindurch gemietet, oder die Spinnstubengemeinschaft wechselte wöchentlich von Haus zu Haus. Die Spinnstube hatte maßgeblichen Einfluß auf die Erhaltung und Gestaltung der Lebensformen der dörflichen Gemeinschaft. Wechselte die Spinnstube, so erwuchsen der Hausfrau und den Haustöchtern für diese Abende besondere Pflichten. Ihnen oblag die Sorge für das leibliche Wohl der Spinnstubengäste (Burschen und Mädel).
Nach dem Abendbrot, welches zeitig eingenommen wurde, huschten die Mädchen mit dem Spinnrad, dem Spinnrocken oder mit Wolle zum Stricken und Häkeln unter dem Windtuch, einem schweren, warmen Umhängetuch herbei. Frohes Lachen und das Knirschen des Schnees unter den Füßen kündigte ihr Kommen an. Freundliches Begrüßen und Willkommenheißen, Scherzworte und urwüchsiger Humor mit etwas Spottlust und Necken gewürzt, waren Gang und Gebe. Wenn die Spinnräder surrten, ging es lustig zu und wurde allerlei Kurzweil getrieben; denn wo die Mädchen waren, fehlten in der Regel die Burschen nicht. Sie spielten zum Teil lustige Kartenspiele, einige stimmten ein Liedchen an, in das dann alle einfielen. Häufig neckten sich Burschen und Mädchen im Wechselgesang. Manches innige und sinnige Volkslied handelte von Urväterheimat und der Verbundenheit der Siedler mit der Heimat.
Beim Singen schielten die Burschen nach dem Faden der Mädchen, blitzschnell raubte der Bursche den Rocken der Unglücklichen, der der Faden gerissen war. Alles Bitten und Betteln war vergebens, der Rocken mußte durch ein herzhaftes Kußmaul ausgelöst werden. Das ist den Mädchen oft schwergefallen, denn von einer öffentlichen Kußfreiheit, wie man sie heute kennt, war damals keine Rede.
Im Hinblick auf das Lösegeld versuchten die Burschen durch allerlei Mätzchen solche Katastrophen herbeizuführen. Zu vorgerückter Stunde reichte man Milch, Kaffee und Küchl (Krapfen), Hutzeln (gedörrte Birnen) und gedörrte Apfelschnitten.
Den Erzähler ließ man gern zu Wort kommen, auch wenn man ihm nicht alles glaubte, was er zu sagen hatte. Man hörte ihm gern zu, denn man konnte sich eines gewissen Gruselns nicht erwehren, wenn er allerlei Gespenstergeschichten (wie von einem Pferd ohne Kopf oder von einer zukünftigen Schwiegermutter, welche sich nach dem Tode im Grabe nochmals drehte) erzählte.
So hatten die Spinnstuben über ihren praktischen Wert hinaus auch ideelle Bedeutung. Waren sie doch Horte der Spruchweisheiten, der Lieder und heimischen Bräuche. Hier wurde die Mundart der Mütter liebevoll gepflegt.
Am interessantesten wurde es in den späten Abendstunden, wenn auf dem Heimweg jeder seinen Heimlichkeiten nachgehen konnte. Am "Tollen Donnerstag" vor Fasching fand in der Machliniecer Sprachinsel der Abschluß der Spinnstuben statt. Es war der Ehrentag der Mädchen, sie spendeten Getränke, besorgten einen Musikanten mit Akordion und hatten dafür den ganzen Abend Damenwahl. Das waren einige Bräuche und Sitten über das Leben in den Spinnstuben.
Bräuche über Heiraten und Hochzeitsfeiern in der Machliniecer Sprachinsel

Waren sich zwei junge Leute über ihre Gefühle und Absichten im Klaren, so mußte der Bursche um sein Mädchen werben. Er sandte zuerst einen Vetter oder eine Tante (Base) zu dem Mädchen ihrer Eltern mit der Frage, ob ihnen seine Werbung recht wäre. War der Bewerber den Eltern des Mädchens genehm, so wurde gleich vereinbart, wann der angehende Bräutigam mit seinen Eltern und Geschwistern zur Zusage kommen kann.
Auch die werdende Braut lud ihren engsten Verwandtenkreis zu dem genannten Termin ein. Hier wurde dann über alles beraten, wann die Hochzeit stattfinden soll, wie viele Gäste geladen werden, welche Kapelle spielen soll, wenn man als Köchin einsetzt und vieles andere mehr. Viele der Familien waren nicht frei von Aberglauben.
So hieß es, bei zunehmendem Mond zu heiraten, bringe Glück und manches andere. Heirat und Hochzeitsfeier wurden hauptsächlich in der Woche durchgeführt, die Vorbereitung der Feier nahm sehr viel Zeit in Anspruch. Fand sich eine lustige Gesellschaft zusammen, wurde 2 Tage hindurch gefeiert. Am Hochzeitstag empfingen der Hochzeitsvater und die Hochzeitsmutter zur festgelegten Urzeit die Gäste, die teils zu Fuß und teils per Pferdewagen herbeikamen.
Die Gäste des Bräutigam in seinem und die der Braut in ihrem Elternhaus empfangen. Die Gäste wurden von dem Hochzeitsvater in das vorbereitete Zimmer geleitet. Die Tische waren gedeckt, und es gab Schnaps und Zubeiß. Nach dem Eintreffen aller Gäste formierte sich der Hochzeitszug des Bräutigam - nun schon etwas angeheitert - zum Haus der Braut.

Der Hochzeitszug wurde von einer Marschkapelle angeführt, es folgen der Bräutigam, begleitet von den beiden Brautmädchen die beiden Brautburschen mit den übrigen Gästen. Im eigenen Dorf ging man zu Fuß, fand die Hochzeit in einem anderen Dorf statt, fuhr man mit Pferd und Wagen. Sie waren auf das äußerste geputzt und geschmückt.
Im Hochzeitshaus angekommen, wurden die Gäste in den Festraum geleitet, wo die Gäste der Braut schon Platz genommen hatten. Die Braut bekam niemand zu sehen. Sie wurde in einem Zimmer versteckt gehalten, wo ihr die Schneiderin, die das Kleid genäht hatte, sie anzog. Beim Eintreffen des Bräutigam wurde ihm ein Myrtenstrauß mit langer Schleife von der Ankleiderin seiner Braut angesteckt.

Alle anderen Gäste bekamen Sträußchen durch die Brautmädel angesteckt, mit Ausnahme der Brautführer, sie wurden mit Sträußchen und einer weißen Seidenschleife geziert. Nach dieser Zeremonie reichte man allen Hochzeitsgästen ein Frühstück. Die Zeit des Frühstücks war mit der Zeit der Trauung abgestimmt. Nach dem Frühstück formierte sich der Hochzeitszug zur Trauung. Nun wurde die Braut aus ihrem Kämmerlein von den Brautburschen abgeholt. Der Bräutigam und die Gäste bekamen sie zu sehen. (Eine alte egerländische Sage betont, wer sich von Braut und Bräutigam als erstes sieht, dem wird die Oberherrschaft in der Ehe übertragen.) Vor der Eingangstür wurde ein weißes, mit Spitzen besetztes Tuch ausgebreitet, die Brautleute knieten mit dem Rücken der Tür zugewandt nieder und empfingen zuerst den Segen ihrer Eltern. Auch wenn Großeltern, Wawa und Harla, dabei waren, segneten sie sie auch. Bei der Segnung spielte die Musikkapelle einen Trauermarsch. Die feierliche Zeremonie rührte oft viele Gäste so, daß sie weinen mußten. Anschließend setzte sich der Hochzeitszug in Bewegung, an der Spitze die Musikkapelle, ihr folgte die Braut, begleitet von den Brautführern, dann der Bräutigam, begleitet von den Brautmädel.
Auch bei Trauungen gab es Anlaß zu allerlei Aberglauben. Zum Beispiel: flackern die Kerzen bei der Trauung, gibt es nur Ehestreit; verlischt eine Kerze, so wird eins von den Brautleuten früher sterben (derjenige auf dessen Seite die Kerze verlischt). Nach der Trauung ging es bei lustiger Marschmusik in das Wirtshaus und der Tanz begann. Der Bräutigam durfte die Braut während der ersten drei Reigen nicht verlassen, sonst wurde sie ihm geraubt und er mußte den Räubern ein Lösegeld zahlen. Während des Tanzes wurden die Hochzeitsgäste mit Essen (Zubeiß) und Trinken bewirtet. Nach einigen Stunden Tanz wurde das Hochzeitsmahl im Hause der Braut eingenommen.
Mit der Kapelle an der Spitze formierte sich der Hochzeitszug und alle anderen Gäste folgten. Der Hochzeitszug fand eine verschlossene Tür vor. Diese wurde erst geöffnet, wenn das Brautpaar vor der Tür stand. Die beiden Mütter tranken mit dem Brautpaar auf ihr Wohlergehen einen Schnaps und boten jedem eine Süßigkeit an, damit das Leben süß werde. Während der Hochzeitsmahlzeit wurde dem Brautpaar je ein Schuh gestohlen. Nach dem Essen wurde das Zimmer ausgeräumt, doch die Brautleute, die den Tanz eröffnen sollen, bleiben sitzen bis die Brautführer die Schuhe auslösten. Der Tanz währt bis Mitternacht. Braut und Bräutigam verschwinden und mußten gesucht werden. Die Brautführer brachten die Braut, die den Schleier abgelegt hatte, und zwei Frauen den Bräutigam, der des Myrtensträußchens ledig war. Den Brautleuten wurde eine Stunde lang vorgesungen, meist lustig- neckische Lieder. Nach der Vorführung zog sich das Brautpaar zurück. In der Frühe wurde ein Teil der Gäste mit Musik heimgeleitet. So wurde die egerländische Tradition des Hochzeitfeierns über Einhundert Jahre beibehalten.
Hausschlachtung
In Machliniece und den umliegenden Dörfern wurde der Bedarf an Fleisch, Wurst und Fettwaren aus eigener Tierproduktion gewonnen. Geschlachtet wurde nur in den späten Herbstmonaten, im Winter oder dem zeitigen Frühjahr. Für das Hausschlachten war die Stärke der Familie mitbestimmend. Es wurden keine gelernten Hausschlächter dazu genommen. Die Hausschlachtungen wurden meistens vom Familienoberhaupt, dessen Sohn, Verwandten oder Nachbarn vorgenommen. Bei der damaligen Hausschlachtung wurde ganz anders ausgeschlachtet als heute, bedingt durch das kalte und trockene Klima. Meistens wurde alles als Rauchfleisch vorbereitet.

Zum Räuchern
Zum Räuchern brauchte man keine besonderen Rauchkammern, sondern der vorhandene Schornstein war dementsprechend gebaut. Der Schornstein wurde von Grund auf so gesetzt, daß mehrere Rauchfänge durch einen Rauchabzug geleitet wurden. Von Grund auf hatte die Innenfläche des Schornsteins ein Ausmaß von mindestens 1 1/2 m² und wurde oval hochgemauert, so daß die Firstkante ein Ausmaß von höchstens 40 m² erreichte. In der unteren Hälfte des Schornsteins waren Anker eingemauert, woran das Fleisch gehängt wurde.
In der Regel dauerte das Räuchern 3 bis 4 Wochen und länger. Während dieser zeit wurde nur mit Hartholz geheizt und gekocht; denn Kohle gab es in keinem Haushalt. Über Wert und Geschmack des Rauchfleisches brauche ich keine Ausführungen zu machen, es schmeckte gut, so mancher würde das damalige Rauchfleisch gegen die heutige Wurst nicht tauschen.
Die Speckseiten wurden alle zu Schmalz ausgebraten, weil das Schmalz im Laufe des Jahres bis zum nächsten Schlachten mehr Verwendung fand als der Speck. An Würsten gab es Graupenwurst, Blut- und Bratwurst, in ganz kleinen Mengen, aber Schwartenmagen genügend. Zu Beginn der Hausschlachtung im Herbst wurde eine Kuh getötet.

Dies wurde meist gemeinsam von 2 bis 3 Bauern gemacht; denn dabei ging es um die Gewinnung von Suppenfleisch. Als Würste kamen nur Graupenwürste in Frage, wofür Schweinespeck mit verarbeitet wurde. Das gewonnene Fleisch wurde in einem Holzgefäß eingesalzen, und es hat sich in der kalten und trockenen Luft über Wochen frisch gehalten. Nach dem Kuhschlachten wurden 1 oder 2 Schweine geschlachtet, je nach der Größe der Familie. Beim Schweineschlachten wurde schon etwas Gemütlichkeit eingeplant. Man arbeitete so, daß nachmittags gegen 16 bis 17 Uhr alles aufgearbeitet war.
Zum Abendessen mit Wurstsuppe wurde ein kleiner Verwandten- sowie Bekanntenkreis eingeladen. Auch der Lehrer wurde bei vielen nicht vergessen. Das Abendessen bestand aus Wurstsuppe, Schweinebraten mit Sauerkraut und böhmischen Knödeln. Im Anschluß gab es Schnaps zur besseren Verdauung, und so wurde es oft eine lustige Gesellschaft.
Den Abschluß bildete Kaffee mit Kücheln (Krapfen), die schon in dem frisch gewonnenen Fett gebacken waren. Fragte man den Gastgeber, wie hat sich dein Schwein ausgeschlachtet, so kam meistens die Antwort: "Das Fleisch braucht man nicht schmalzen", und die Hausfrau zeigte dann mit Stolz ihre Schmalztöpfe (Fett).
Am späten Abend stellten sich meistens die Mädchen von den nahe gelegenen Spinnstuben ein, um ihren Anteil an der Wurstsuppe zu empfangen. Die Mädchen waren verkleidet und verlangten keine Wurstsuppe, sondern einige Würste und einen Streifen Speck. Als gern gesehene Gäste bekam jede einen Schnaps. Beim Eintritt erzählte eine der Mädels ein Bettelmärchen. Nach Erhalt der Würste und Speck zogen sich die Mädel mit einem "Dankeschön" zurück. In den Spinnstuben angekommen, wurden die Würste in Speck gebraten und verspeist. Auch das war Tradition im Egerland.