Die Deutschen aus Galizien - Westukraine


Thema: Von der Ansiedlung der Egerländer 1820 bis zur Aussiedlung im Jahre 1940

Bernhard Böhm berichtete über die Ansiedlung der Egerländer aus dem Böhmerwald in Galizien.
Mit welchen Problemen die Galiziendeutschen im Aussiedlungsgebiet zu kämpfen hatten
zeigt der Bericht von Dr. Ewaid Schankweiler. Aus seinem Bericht, der unter dem Thema
stand:

Das Ringen der Galiziendeutschen um ihre Schulbildung 1782- 1939"

er schreibt unter anderem:

Geschichte der deutschen evangelischen Lehrerbildungsanstalt (LBA)

Die Geschichte dieser Lehrerbildungsanstalten ist zugleich ein Teil der Geschichte der
deutschen Schulen in Polen und des österreichischen Schulwesens, und es erfüllt einen mir
tiefer Dankbarkeit, wenn wir daran denken, daß wir ohne diese gute Ausbildung unserer
Lehrer in Bielitz als Deutsche im polnischen Raum völkisch nicht hätten überleben können.

Um den Mangel an evangelischen Lehrern zu beheben, genehmigte das Ministerium für
Kultur und Unterricht die Einrichtung einer evangelischen Lehrerbildungsanstalt LBA in
Bielitz, die 1867 eröffnet wurde. Sie war die modernste Lehrerbildungsanstalt der
österreichischen Monarchie. In den 70 Jahren ihres Bestehens entließ sie etwa 1280
Maturanten, darunter 324 aus Galizien. Ihrer Hauptanforderung war es, Lehrer auszubilden,
die von warmer Liebe und Verehrung für die evangelische Sache" erfüllt waren. Sie sollten
Vorbilder und Meister ihres Faches werden. Die Voraussetzungen dafür waren zwei
Einrichtungen:
Die Übungsschule und die Schülerheime. In der Übungsschule mußten die
Studenten des 3. und 4, Semesters den Hauptteil des Unterrichts übernehmen. Sie wurden
betreut von einem Übungsschullehrer und hatten schon einen gewissen Erfahrungsschatz, ehe
sie in ihren zukünftigen Schulen selbständig tätig sein konnten.
Die zweite Einrichtung, die der Schülerheime, wirkte sich segensreich aus, weil sie auch armen
Bauern- und Lehrersöhnen das Studium ermöglichte. Das Alumneum und das Nordmark-Schülerheim
boten Gelegenheit für preiswertes Wohnen und Beköstigen, Sie wurden nach modernen
pädagogischen Gesichtspunkten geführt und ermöglichten sportliche Betätigung,
handwerkliches Tun usw. - Die Schwierigkeiten begannen mit Ausbruch des Ersten
Weltkrieges und in der polnischen Zeit danach.

Die Schließung der Übungsschule und der Wegfall der Landessubvensionen und der Gelder
des Gustav-Adolf Vereins bereiteten den Verantwortlichen große Schwierigkeiten. Die
evangelische Gemeinde Bielitz stellte die Mittel für die Bezahlung der Dozenten zur
Verfügung. Schließlich nahm sich der Deutsche Schülerverein in Bromberg der Anstalt an
und sicherte so die Existenz der deutschen Privatschulen.

Die 1932/33 eingeleiteten Reformen des gesamten Schulsystems in Polen betrafen auch das
Lehrerseminar und die Privatschulen. Sie fielen unglücklicherweise mit einem starken
Mitarbeiterwechsel in der LBA zusammen, in der damals zeitweise nur vier Stammlehrkräfte
tätig waren und sich die LBA mit Leihkräften aus den höheren Schulen von Bielitz behelfen

mußte. Direktor Gerhardt und Professor Geib erkannten und gaben schließlich den Dienst auf.
Hinzu kam, daß es für die polnischen Fächer an qualifizierten deutschen Lehrern mangelte, so
daß polnische Gymnasiallehrer eingestellt werden mußten. Erschwert wurde die Situation
durch die Forderung, daß die künftigen Lehrer die Befähigung für die polnische
Unterrichtssprache haben mußten. Dieses Ziel war bei einem großen Teil der Prüflinge nicht
zu erreichen. Bei der Prüfung im Jahre 1935/36 bestanden etwa 50 Prozent den Abschluß
nicht. Mit der Entlassung des letzten Kurses 1936/37 hörte das Bielilzer Lehrerseminar auf zu
existieren. Alle Bemühungen beim Unterrichtsministerium in Warschau und der
Schulabteilung der Wojewodschaft in Kattowitz und der Hinweis auf das Minderheitenrecht
mit der Bitte um Änderung der Bestimmung für die deutschen Einrichtungen halfen nichts.
Lediglich in Stanislaus war 1938 die Wojewodschaftsregierung bereit ein privates
evangelisches pädagogisches Lyzeum mit deutscher Unterrichtssprache zu gestatten.

Dr. Rudolph Lenz referierte über die katholische Lehrerbildung in Galizien und erwähnte
den in der schwer arbeitenden bäuerlichen Bevölkerung weit verbreiteten elterlichen Wunsch,
die Kinder sollen es einmal besser haben". Auch sorgten sich viele um die Zukunft der
nachgeborenen Kinder, die ihr Brot anderweitig verdienen mußten. Dazu mußte ihnen eine
gute Schulbildung ermöglicht werden, auch wenn sie mit vielen Lasten für die Eltern
verbunden war. Der Einfluß der wenigen deutsch-katholischen Privatschulen und ihrer Lehrer
für die kleine Minderheit in einem überwiegend von Ukrainern bewohnten und von Polen
dominierten Land war nicht hoch genug einzuschätzen. Denn anders als in evangelischen
Gemeinden, in denen durchweg deutsche Pfarrer tätig waren und in denen der
Protestantismus als Religionsgemeinschaft schon einen gewissen Schutzwall gegen
nationale Überfremdung bildete, waren die deutschen Katholiken Galiziens dem Einfluß
polnisch-katholischer Pfarrer ausgesetzt. Und in den staatlichen deutsch-katholischen
Schulen, deren Zahl überwog, versuchten die Behörden, den deutschen Einfluß und die
deutsche Sprache zurückzudrängen. Dazu wurden auch deutsche Lehrer zwangsversetzt. So
mußte in Königsau 1929 Lehrer Hott gegen den Willen der Dorfbewohner an eine Schule in
Boryslau gehen.

Eine Ausbildungsstätte war das katholische Lehrerinnenseminar in Bielitz, geleitet von den
"Armen Schulschwestern de Notre Dame". Der 1833 gegründete Schulorden entstand aus der
Not der Zeit. Durch Bildung sollte der Verarmung und Verwahrlosung der Jugend
entgegengewirkt werden. Die "Armen Schulschwestern" kamen 1859 "auf dringlichstes
Verlangen des katholischen Stadtpfarrers" nach Bielitz. Zunächst eröffneten sie 1859 eine
Mädchenschule, 1908 eine Lehrerinnenbildungsanstalt mit 7 Lehrkräften und 33
Schülerinnen, wobei mit dem 1907 eingerichteten städtischen Lehrerbildungsinstitut
zusammengearbeitet und neue Schüler nur alle zwei Jahre aufgenommen wurden.

Auch im neu entstandenen Polen bemühten sich die Verantwortlichen, die deutsch-
katholischen Schulen zu erhalten. Jugendliche aus Oberschlesien strömten in das
Lehrerinnenseminar, Schülerinnen und deren Eltern waren überzeugt, daß sie in "de Notre
Dame" zu Bieiitz eine gute fachliche und pädagogische Ausbildung erhielten und das dort der
deutsche Geist und die deutsche Sprache, deutsches Denken und Fühlen gepflegt wurden.
Noch in den späten 20iger Jahren führte die Schule dem Deutschtum bestausgebildete
Lehrerinnen zu. Doch dann kam bald das Aus, 1932 wurde in Polen mit dem Abbau aller
Lehrerseminare begonnen und die Lehrerausbildung an pädagogischen Lyzeen verwiesen. Das
aber setzte den Besuch eines vierklassigen Gymnasium voraus. Ein pädagogisches Lyzeum
wurde jedoch nicht mehr am Lehrerseminar der "Armen Schulschwestern de Notre Dame"
errichtet. 1935 legten noch einmal 22 Kandidatinnen ihre Abschlußexamina ab, die
nachfolgenden Klassen mußten zu anderen Anstalten wechseln.

Wenn es um Schulen, Schulbildung und Lehrer an in den deutsch-katholischen Gemeinden
geht, dürfen die Wanderlehrer nicht vergessen werden. Sie leisteten einen nicht hoch genug
einzuschätzenden Beitrag zur Erziehung und Bildung, sowie bei der Vermittlung deutscher
Kultur und Tradition in den deutschen katholischen Dörfern. Sie erteilten Sprachunterricht,
veranstalteten Singabende oder übten mit den Jugendlichen kleine Theaterstücke ein. Sie
beeinflußten auch das dörfliche Leben, organisierten Heimatabende und halfen bei der
Gründung von Genossenschaften. Es war ihr Bestreben, die Menschen zu stärken, das
nationale Bewußtsein zu wecken und zu festigen. Es waren durchweg Lehrer, die an einem
Lehrerseminar studiert hatten. Sie unterrichteten z.T. noch an den bestehenden Pivatschulen,
stellten sich jedoch, wenn ihnen die Lehrererlaubnis entzogen wurde, in den Dienst des
Verbands deutscher Katholiken VdK, der die Arbeit der Wanderlehrer finanzierte und der
unter Leitung von Jakob Reinpold stand.