Zur NS-Politik nach dem Polenkrieg


 

Welches war nun die Ost-Politik nach dem siegreichen Krieg über Polen.
Zunächst wurde das besiegte Polen westlich der Flüsse Bug und San wie folgt gegliedert
(das Gebiet Östlich davon fiel an die Sowjetunion) : Die Provinz Ostpreußen wurde durch die
Gebiete Ciechanow und Suwalki erweitert, Danzig mit Westpreußen zum Gau Danzig-
Westpreußen vereint und südlich davon der "Warthegau" unter Gauleiter Greiser eingerichtet.
Es schlössen sich nach Süden das durch galizische und kongreß-polnische Gebiete erweiterte
Oberschlesien und nach Osten das Generalgouvernement unter Generalgouverneur Hans
Frank an. Vom Generalgouvernement abgesehen, das man (zunächst) als "Lebensraum des
polnischen Volkes" bezeichnete, wurden die übrigen Gaue dem Deutschen Reich
angeschlossen.

Die ostpolitische Marschrichtung formulierte Hitler in seiner Reichstagsrede am 6. Oktober
1939 sehr allgemein wie folgt: Er versprach "eine neue Ordnung der ethnographischen
Verhältnisse zu schaffen", darin eingebunden "eine Umsiedlung der Nationalitäten, so daß
sich am Abschluß der Entwicklung bessere Trennungslinien ergeben, als es heute der Fall
ist." es handle sich um eine umfassende Aufgabe, "denn der ganze Osten und Südosten
Europas ist zum Teil mit nicht haltbaren Splittern des deutschen Volkstums gefüllt. Es gehört
daher zu den Aufgaben einer weltanschauenden Ordnung des europäischen Lebens, hier
Umsiedlungen vorzunehmen, um auf diese Weise wenigstens einen Teil der europäischen
Konfliktstoffe zu beseitigen."

Im Mittelpunkt dieser Vorgabe stand somit der Gedanken einer "ethnographischen
Neuordnung Europas", verbunden mit "Umsiedlungen der Nationalitäten". Während
Bismarck die auslandsdeutschen "Splitter" - wie sie Hitler nannte - zu bewahren suchte,
kündigte Hitler mit diesen Worten deren Auflösung, Rückführung ins Reich und
Verschmelzung mit dem deutschen Volke an. Während Bismarck die Existenz des Polentums
im Deutschen Kaiserreich weitgehend unangetastet ließ, lediglich Auswüchse und
Überfremdungen bekämpfte, kündigte Hitler mit den Worten von der "Umsiedlung der
Nationalitäten" bereits die Zwangsumsiedlung der Polen aus den dem Reich eingegliederten
westpolnischen Gebieten, an.

Die nachgeordneten NS-Verantwortlichen konkretisierten Hitlers Begriff der
"ethnographischen Neuordnung" in Bezug auf die eingegliederten westpolnischen Gebiete
dahingehend, daß in diese Deutsche angesiedelt und Teile der ansässigen polnischen
Bevölkerung nach Osten in das Generalgouvernement ausgesiedelt werden sollten. Man kann
die praktizierte Art dieser Zwangsaussiedlung von Polen unter Zurücklassung all ihrer Habe
und unter primitivsten Transport- und Lebensbedingungen vergleichen mit den nach
Kriegsende von Polen betriebenen Vertreibung von Millionen Deutschen aus den an Polen
gefallenen deutschen Ostgebieten. Was die Galiziendeutschen betrifft, so unterschied sich die
Ansiedlung ihrer Bauern im Jahre 1940/41 grundlegend von der Ansiedlung ihrer rd. 10.000
um 1900 in den gleichen westpolnischen Raum ausgewanderten Landsleute: Damals wurden
für sie neue Dörfer angelegt. Der vom Staat rechtmäßig angekaufte Grundbesitz, wurde
parzelliert und den Ansiedlern nebst ungenutztem Boden zur ländlichen Kultivierung
zugeteilt, um auch diesen unter den Pflug zu nehmen. So ähnlich waren seinerzeit ja auch die
Ansiedlungsbedingungen bei der Josephinischen Kolonisation. 1940/41 wurden
demgegenüber die deutschen Siedler bei der Ansiedlung im Warthegau in landwirtschaftlich
intakte polnische Dörfer und polnische Grundwirtschaften eingewiesen unter
Zwangsausweisung der bisherigen Eigentümer. Zwar waren die Ansiedler überwiegend
zunächst Treuhändler der ihnen zugewiesenen Anwesen, aber wer von ihnen hatte damals
diesen juristischen Vorbehalt schon verstanden?