Grundzüge der Ansiedlungspolitik
Zunächst soll anhand vorhandener
Bundesarchiv-Akten gefragt werden, welche
Siedlungspläne und Vorstellungen, die damals für die Ansiedlung
im "Warthegau"
Verantwortlichen entwickelt hatten. Da interessiert es zunächst
zu erfahren, daß die
Planungen vorsahen, einen Teil der Siedlerstellen für Bauern aus
dem Altreich zu reservieren.
Im November 1939 hatte Himmler zusätzlich angeordnet, "daß
Ansiedlung von
Reichsdeutschen" grundsätzlich erst nach dem Kriege
genehmigt würden. Denn eine frühere
Zulassung würde unsere Soldaten an der Front
benachteiligen". Aber für diese
reichsdeutschen Soldaten waren Siedlungsplätze zu reservieren,
Himmler ordnete weiter an:"
Jedes Dorf bekommt einen Stamm reichsdeutscher Siedler, immer aus
einem Gebiet
geschlossen, seien es Schwaben, Bayern, Franken oder
Ostfriesen". Es dürfe nicht sein, daß
sich im Osten eine baltendeutsche neben einer wolhynischen oder
bessarabiendeutschen Gruppe
erneut etabliere. Eine solche volksgruppenmäßige Aufgliederung
sei ebenso unerwünscht
wie sie auch jeder Daseinsberechtigung entbehren und dem
Wesensgefüge des
nationalsozialistischen Staates widersprechen würde. Statt der
alten Volksgruppen stellte man
sich einen "neuen deutschen Stamm" vor. Jede der
einzelnen Gruppen würde andere
Fähigkeiten und Werte mitbringen. "Sie werde sich dadurch
auf das glücklichste ergänzen
und zusammen mit den Reichsdeutschen, die nach Beendigung des
Krieges im Osten
angesetzt werden, eine starke Volksgruppe bilden", - Die
Behörden genehmigten den
Baltendeutschen nicht einmal eine eigene Zeitung; selbst ein
Anzeigenblatt als Beilage zu
einer allgemeinen Zeitung wurde nicht genehmigt. Vielmehr
verlangten die Behörden, daß
die Begriffe des Baltendeutschen, des Wohynien- und
Bessarabiendeutschen in kürzester Frist
getilgt sein müssen.
Um die strittigen Meinungen verschiedener Dienststellen und
Persönlichkeiten, die sich nach
dem Polenkrieg mit den einzudeutschenden polnischen Gebieten
befaßten, zu koordinieren,
wurde frühzeitig ein "Arbeitskreis Umsiedlung"
geschaffen. An seinen Tagungen nahmen
neben Vertretern der "Reichstelle für Raumordnung" und
des "Reichsnährstandes" auch
einige Volkstumsspezialisten teil, darunter quasi als Vertreter
der Galizien- und
Wolhyniendeutschen Prof. Walter Kühn.
Weiter wurde in dem Arbeitskreis geplant, die Verteilung der
Umsiedler auf neue Siedlungen
nach Kriterien vorzunehmen wie Stammesart, Bodenart,
Wirtschaftsweise, Grünlandanteil,
Landschaftsform, Dorfform und völkische Bewährung. Bei diesen
Problemlösungen wirkte
neben Prof. Kühn auch Dr. Kurt Lück mit. Beide setzen sich
dafür ein, bei der Ansiedlung der
Bodengüte und die Stammesgruppen zu berücksichtigen, also die
Böhmerwälder anders als
die einst aus Südwestdeutschland zugezogenen Pfalzer
anzusiedeln, was ja auch erfolgte.
Kühn legte seinem Gutachten, datiert vom 14. Januar 1940 und
erhalten im Bundesarchiv,
eine Liste der anzusiedelnden Orte und der Bodenarten bei. Er
glaubte, damit
Anpassungsschwierigkeiten der Siedler an ihre neue Umwelt
auffangen zu können. Er äußerte
sich über Besitzgrößen und die Siedlungsform der neuen Dörfer
Diesem Gutachten Kuhns
über die zu berücksichtigenden Ansiedlungskriterien für die
rd. 100 000 bäuerischen
Umsiedler aus Wolhynien aus Galizien stimmten sowohl der
zuständige Sachbearbeiter der
"Einwanderungszentrale Litzmannstadt (Lodz)" als auch
die anderen Verantwortlichen zu.
Tatsächlich wurden die Böhmerwälder wie die Ludwikowkaer,
Engelsberger und
Felizienthaler sowie die Zipser aus dem buchenländischen Karpartendörfern in Karpartennähe
in den Kreisen Saybusch und Zgierz angesiedelt, was aber noch
wichtiger war, sie wurden als
geschlossene Dorfgemeinschaft angesiedelt,
Die übrigen galizien- und wohyniendeutschen Ansiedler konnten
davon nur träumen, sie
wurden im Regelfall auseinander gerissen, wie noch ausgeführt
wird,
Daß die Ansiedlung der Umsiedler in der Praxis von den Vorgaben
der Ansiedlungsbehörden
abwich, hatte vor allem kriegsbedingte Gründe, äußere
Sachzwänge, Engpässe beim
Transport und andere Folgen des damals nicht vorgesehenen
Kriegsverlaufs. So waren bis
Januar 1943 erst rd. 370,000 Bauern angesiedelt worden.