Zur Gestaltung der NS-Ostpolitik und Durchführung von Umsiedlung und Ansiedlung


 
Ausgestattet mit den Vollmachten des "Reichskommissars für die Festigung deutschen
Volkstums" laut Hitler-Erlaß vom 7, Oktober 1939 konnte Himmler mit Hilfe seines SS- und
Polizeiapparates die zukünftige Volkstumspolitik im Osten entscheidend bestimmen. Er
verteilte die Arbeit auf mehrere SS-Organisatoren: Sein "Stabshauptmann" war für die
Durchführung der Umsiedlung und die Ansiedlung der Deutschen aus dem Osten zuständig
und stellte durch Beschlagnahme polnischen und jüdischen Eigentums Siedlungsland,
Wohnraum und Werkstätten für die Anzusiedelnden bereit. Die "Volksdeutsche Mittelstelle"
führte die Umsiedler heran und versorgte sie in Auffanglagern,

Das "Rasse - und Siedlungshauptamt" nahm die rassistische Überprüfung der Umsiedler vor.
Das "Reichssicherheitshauptamt" besorgte die Vertreibung der Polen und Juden und ihre
Abschiebung ins Generalgouverment bzw. zum Arbeitseinsatz ins Reich. Den wohl
wichtigsten Part spielte bei den Umsiedlern die "Volksdeutsche Mittelstelle", deren Akten
erhalten sind, gleichfalls die der "Einwandererzentrale Litzmannstadt" , welche auch die
Einbürgerung der Umsiedler vornahm, so daß Interessierte diese wichtigen Quellen aufsuchen
und zur Klärung des damals wichtigen Geschehens einsehen können.

Die ersten Umsiedlungen von Polen und Juden in das benachbarte Generalgouverment
setzten zu einem Zeitpunkt ein, als noch kein Galiziendeutscher seine Heimat verlassen hatte,
und zwar in der ersten Dezemberhälfte 1939 mit 88.000 Menschen. Es folgte vom 10. Februar
bis 15. März 1940 - 40.128 Polen und Juden, bis Januar 1941 weitere 133,506 Personen, bis
Januar 1942 nochmals 130.826 Personen und im Jahre 1942 216,000 Personen, Insgesamt
schätzt der Direktor des Münchener Instituts für Zeitgeschichte, Prof. Broszat, daß die
Gesamtzahl der Betroffenen mindestens 750.000 betrug oder etwa 10% der dort ansässigen
polnischen Bevölkerung,

Weniger bekannt dürfte sein, daß sich Himmler bei der Gestaltung des neuen deutschen
Siedlungsgebietes im Osten auch das Recht nahm, die dort anzusiedelnden Personen zu
klassifizieren und auszuwählen. Das dürfte bei den dort ansässigen Volksdeutschen zu deren
Einstufung in "Deutsche Volkslisten", in denen aus NS-Sicht der Grad ihrer Zugehörigkeit
zum deutschen Volk festgelegt wurde. Bei den Umsiedlern erfolgte dazu die so genannte
"Schleusung". Darunter verbarg sich zunächst ein vereinfachtes Verfahren zur Einbürgerung,
aber gleichzeitig eine gesundheitliche, erbbiologische, rassische und völkische Begutachtung,
ob der Aussiedler "Ostwürdig" - also ein sog. O-Ansiedler - sein darf oder zwecks
Assimilierung im "Altreich" angesiedelt werden soll, also als A-Ansiedler eingestuft wird.
Um Unruhe unter den Umsiedlern zu vermeiden, wurden alle damit Befaßten verpflichtet,
über die Ergebnisse dieser "Eignungsprüfung" zu schweigen.



Die Überprüfung erfolgte vorrangig nach rassischen Wertungsstufen I-IV (I: rein nordisch,
IV: ostisch oder ostbaltisch, fremdblütig ect. ) und nach politischen Wertungsstufen I-V
(I: Aktiver Kämpfer für das Deutschtum, II; Mitläufer, III: Indifferent, V: Kämpfer einer
fremden Gruppe).