Die Umsiedlung von Machliniec nach Deutschland 1940


 Als im Herbst 1939 nach dem Zusammenbruch Polens im deutsch-polnischen Krieg die
Sowjets das Gebiet besetzten und in Verwaltung genommen hatten, kam von der
Niederlassung des Salesianerordens aus Daszawa der Pater Strester zur Umsiedlung nach
Machliniec

Am 2. Weihnachtstag 1939 hielt der Pater Stresler im neuen Friedhof vor den zahlreichen
versammelten Gläubigen eine ergreifende Abschiedspredigt in deutscher Sprache. Zutiefst
erschüttert weinten die Anwesenden und viele vermochten das Schlußlied "Großer Gott wir
loben dich" kaum mitsingen.

Der Schlußgottesdienst in der Kirche fand am Dreikönigstag, dem 6. Januar 1940 statt.
Während des Gottesdienstes stimmte der letzte Organist das gern gehörte und gesungene Lied
an: "Heilige Namen, allzeit beisammen, Jesus, Maria, Josef". Einige Tage später wurden die
Frauen mit ihren Kindern zum Bahnhof nach Kochawina zur Abreise gebracht. Die Männer
und die Jugend fuhren mit dem Pferdegespann nach Deutschland.
Während der Fahrt nach Kochawina, die durch ukrainische Dörfer führte, nahmen die dort
lebenden Ukrainer mit Tränen in den Augen von uns Abschied. Dieser schmerzvolle
Abschied zeigte doch wie friedlich die Grenzvölker miteinander umgingen und lebten.
Am Bahnhof angekommen standen Viehwagen bereit, die uns aufnahmen. Ein kleiner
Kanonenofen sorgte für etwas Wärme. Nun ging die Fahrt zur Grenzstadt Przemysel. Auf
deutscher Seite standen Personenwagen bereit, die aber ungeheizt waren. Durch den kalten
Zug, der Winter 1940 war eisig kalt, wurden sehr viele Kleinkinder krank, im Zug gab es nur
kalte Getränke und kein warmes Essen.

In Lodz (Litzmannstadt) wurden wir im ehemaligen jüdischen Wohnungen untergebracht,
von dort ging der Transport nach Komotau in das Sudetenland (Tschechei), wo wir ca. 4
Monate ein Lagerleben verbringen mußten. Dort stießen auch die Väter und Jugendlichen
dazu, nachdem sie im ehemaligen Polen die Pferde und das Fuhrwerk abgeliefert hatte.
Nach dieser Zeit kamen wir in das Umsiedlerlager Tetschen-Bodenbach. Hier wurden wir
eingebürgert. Wir erhielten die deutsche Staatsbürgerschaft. Jetzt erlebten einige Umsiedler
ihre erste Enttäuschung, denn bei der Einbürgerung bekamen die Umsiedler die Kennkarte A
oder 0, diejenigen, die die Karte A erhielten, mußten im Altreich (Deutschland) bleiben. Es
waren solche Familien, die entweder Mischehen, d.h. mit Polen oder Ukrainern verheiratet
waren oder Erbkrankheiten aufwiesen. Sie waren scheinbar nicht würdig genug im Osten
angesiedelt zu werden. Die Umsiedler und das waren die überwiegende Mehrheit, erhielten
die Kennkarte 0. Sie mußten wieder zurück in ein Aufenthaltslager, das in der Nähe von
Lodz war. Dort erhielten wir das Fuhrwerk mit den Pferden zurück. In diesem Lager wurde
uns mitgeteilt, wo wir angesiedelt werden. Der Ort hieß Klein-Freienherde im Kreis Kalisch,
Man hat die polnischen Bauern von ihren Höfen verjagt, entweder in das Gouvernement
(Verwaltungsbezirk) von ehemaligen Polen oder in Nachbarorte bzw. als Zwangsarbeiter
nach Deutschland.

Das Lagerleben, das da ca. ein halbes Jahr gedauert hat, ging für uns um die Juni/Juliwende
zu Ende. Ein großer Teil des ehemaligen Polens wurde in einem Gau mit dem Namen
Wartheland oder auch Warthegau umfunktioniert. Das Wartheland sollte ein deutscher Gau
unter Gauleiter Greiser werden.
Aus Machliniec wurden folgende Familien in Klein-Frelenhalde angesiedelt:

Karl Köstler, Lorenz Köstler, Franz Köstier, Franz Engelmann. Ignaz Böhm, Johann Kohl,
Karl Kohl, Franz Kohl, Bernhard Rehmann, Albert Knoll, Josef Schön, Johann Bäumel,
Bernhard Böhm.
Die Kinder wurden im September 1940 nach einem dreiviertel Jahr Unterbrechung
(Lagerleben) wieder eingeschult, in Klein-Freienhalde gab es nur eine Einklassenschule. Aus
diesem Grunde bemühten sich die Eltern, ihre Kinder, die die Fähigkeit besaßen, in der
Schule von Kalisch (Mittelschule, Handelsschule bzw. Gymnasium) unterzubringen.